Vom Gebräu des Teufels zum Gesundheits-booster: Das Image von Kaffee hat schon viele Wandlungen vollzogen.

Was ist heute Stand der Bohne?

Lesen Sie dazu diesen Blog gerne mit einer Tasse Kaffee!

Quelle: Apothekenumschau Feb\23

Wirkt mit jedem Schluck Kaffee! Er ist für viele Menschen das erste und wichtigste Getränk jeden Tages. Andere warnen gar vor dem Wachmacher. Was sagt die Wissenschaft?

Ludwig van Beethoven zählte jeden Morgen exakt 60 Bohnen ab und braute sich daraus einen inspirierenden Trunk. Der französische Dichter Honoré de Balzac kippte angeblich bis zu 50 Tassen pro Tag, um die Nacht durchschreiben zu können. Die englische Königin Elizabeth I. indes hat in ihrem langen Leben wohl nicht einmal daran genippt. Denn zu ihrer Regierungszeit im 16. Jahrhundert war Kaffee in Europa noch weitgehend unbekannt. In nur vier Jahrhunderten hat der dunkle Aufguss eine beispiellose Karriere hingelegt - vom Luxusgut zum unverzichtbaren Begleiter im Alltag. Mittlerweile ist Kaffee das beliebteste Getränk in Deutschland, noch vor Mineralwasser und Bier. Im vergangenen Jahr meldete der Deutsche Kaffeeverband erneut neue Rekordwerte. Demnach trinkt jede Person von hierzulande im Schnitt knapp vier Tassen Coffee täglich. Doch ist das auch gesund?

Schon die ersten Bohnen, die Ende des 16. Jahrhunderts mit Seefahrern über Sizilien nach Europa kamen, begleitete eine Diskussion, die seither auch in Fachkreisen immer wieder neu aufgebrüht wird:

Wirkt Kaffee als Medizin oder ruiniert er stattdessen die Gesundheit?

Frühe Kaffee-Fans neigten eher zu der ersten Ansicht. In Reiseberichten wird Kaffee teils als unangenehm und bitter beschrieben. Gelobt wird dafür seine wohltuende Wirkung auf Kopf und Magen sowie gegen Melancholie. Erhältlich war Kaffee zunächst vor allem in Apotheken. Je beliebter der dunkle Aufguss wurde, desto mehr trübte sich allerdings seine Reputation in Sachen Gesundheit. Die moderne Medizin schien dies zu bestätigen. Gewarnt vor dem Getränk wurden vor allem Herzkranke.

Aber ist Kaffee wirklich Gift fürs Herz? Und wie steht es um seine anderen Wirkungen auf Körper, Geist und Seele? Hierauf hat die Wissenschaft in jüngster Zeit überraschende Antworten gefunden. Wöchentlich kommen neue hinzu. Einige stammen aus dem Labor von Professor Chahan Yeretzian, Leiter des Coffee Excellence Centers an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Im weltweit größten Labor für Kaffeeforschung arbeiten Expertinnen und Experten aus Biologie und Medizin, Chemie und Statistik, Sensorik und Botanik. ,,Im Kaffee hat man alles. Er bringt Fachleute und Produzenten aus aller Welt zusammen", sagt Chahan Yeretzian stolz. Er selbst trinkt am liebsten Filterkaffee, handgebrüht und frisch gemahlen. Dabei geht es dem Chemiker, der zuvor viele Jahre für die Lebensmittelindustrie geforscht hat, mehr um den Genuss als um die Gesundheit: „Aber es ist gut zu wissen, dass Kaffee gesund ist oder zumindest nicht ungesund."

Inzwischen ist klar: Menschen, die über Jahrzehnte hinweg täglich Kaffee trinken, haben ein geringeres Risiko für eine ganze Reihe von Krankheiten, darunter Typ-2-Diabetes, Depressionen und Demenz. Selbst das verbreitete Image als Herz-Kreislauf-Killer - längst kalter Kaffee. Insgesamt gelten drei bis vier Tassen für gesunde Menschen in jedem Fall als unbedenklich. Die gesundheitsfördernde Wirkung führt Chahan Yeretzian dabei vor allem auf zwei Stoffe zurück: Koffein und Antioxidantien. Darunter versteht man chemische Verbindungen, die vor schädlichen Umwelteinflüssen schützen, etwa vor sogenannten freien Radikalen. Diese aggressiven Sauerstoffmoleküle greifen unsere Zellen an und erhöhen so zum Beispiel das Risiko für Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Doch ist jeder Kaffee gleich gesund? Besonders viele Antioxidantien enthält laut Yeretzian Instantkaffee ohne weitere Zusätze. Das Pulver wird im heißen Wasser gelöst und damit auch alle enthaltenen Inhaltsstoffe. Für einen Espresso presst man dagegen wenig Wasser schnell durch viel Kaffeepulver. Das Koffein wird dabei gut herausgelöst, die anderen Stoffe seien schwerer zu ,,extrahieren“, erklärt der Forscher. Er folgert: ,,Instantkaffee hat am meisten Antioxidantien, dann Filterkaffee und dann Espresso."

Beim Koffeingehalt entscheidet auch die Kaffeesorte. „Robusta enthält mehr Koffein als Arabica." Da Instantkaffee in der Regel viel Robusta enthält, ist sein Koffeingehalt ebenfalls höher. Insgesamt hat dieser wohl einen etwas stärkeren Effekt auf die Gesundheit als Espresso oder Filterkaffee. „Die Unterschiede sind aber klein und bisher nicht nachweisbar", sagt der Experte.

Ob gelöst, gefiltert oder gepresst: Die bekannteste Wirkung von Kaffee ist die als Wachmacher. Auch Dr. Eva-Maria Elmenhorst, die ihren Tag gern mit einem Latte macchiato beginnt, befolgt daher eine eiserne Regel: kein Kaffee nach 16 Uhr. Als Schlafforscherin weiß sie, dass ein Espresso am Abend selbst dann die Ruhe stört, wenn man glaubt, wie ein Murmeltier zu schlummern. ,,Wer spät Kaffee trinkt, hat weniger Tiefschlaf", sagt sie. Mindestens sechs Stunden vor dem Schlafengehen sollte man daher auf Kaffee verzichten. Am Morgen ist man sonst weniger ausgeschlafen - und braucht den nächsten Kaffee, um auf Touren zu kommen.

Denn bei Schlafentzug kann Kaffee tatsächlich helfen, wach und konzentriert zu sein. Das bestätigt eine Studie, die Elmenhorst mit ihrer Arbeitsgruppe „Leistung und Schlaf" am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt durchgeführt hat. Denn im Weltraum kommt es oft zu Schlafmangel. Für die Tests suchte ihr Team Menschen, die besonders sensibel auf Kaffee reagieren. Dass der Wachmacher nicht bei jedem gleich wirkt, ist nämlich nicht nur ein subjektiver Eindruck. Die Wissenschaft kann heute sogar aus dem Erbgut lesen, wer für Koffein besonders empfänglich ist. Bei etwa einem Drittel der Menschen aus Europa ist dies laut der Forscherin der Fall.

Bekannt ist heute auch, wie Koffein im Gehirn wirkt. Dort bindet es an bestimmte Rezeptoren, eine Art winziger Antennen. An diese dockt normalerweise ein Stoff an, der uns müde macht: Adenosin. Koffein blockiert die Adenosin-Antennen und somit das Schläfrigkeitssignal. Kaffee macht also nicht wach, indem er aufs Gas drückt. „Er blockiert nur die Bremse", sagt Elmenhorst.

Doch macht er uns dadurch auch leistungsfähiger? In Elmenhorsts Studie wurde den Testpersonen fünf Nächte lang chronischer Schlafentzug verordnet. Die eine Gruppe bekam drei Tassen Kaffee mit Koffein, die andere ohne. „Koffein hatte generell eine positive Wirkung", so die Schlafforscherin. Die ersten zwei Tage zeigte die Koffeingruppe ein Reaktionsvermögen, als wäre sie ausgeschlafen. Ab dem vierten Tag machte sich der Schlafmangel allerdings bei beiden Gruppen gleich stark bemerkbar. Bei komplexeren Aufgaben hielt die Wirkung des Koffeins noch ein, zwei Tage länger an. "Doch geht das offenbar auf Kosten der Erholung", sagt Elmenhorst. So reichte bei der Koffeingruppe eine ausgeschlafene Nacht nicht aus, um geistig wieder voll fit zu sein.

Ein Fazit: Während einer anstrengenden Arbeitswoche mit wenig Schlaf kann Kaffee in der Tat helfen, die volle Leistung zu bringen. Doch sollte man danach ein Erholungswochenende mit ruhigen Nächten einplanen.

„Wer ausgeschlafen ist, wird durch Kaffee allerdings nicht leistungsfähiger", sagt Elmenhorst. Doch hebt der Muntermacher die und das offenbar nicht nur Stimmung kurzfristig: Regelmäßig getrunken kann Kaffee offenbar Depressionen vorbeugen. Zwei bis drei Tassen täglich verringerten bei Frauen das Erkrankungsrisiko um 15 Prozent. Tranken sie mehr als drei Tassen, war das Risiko sogar um 20 Prozent geringer. Die positive Wirkung reicht womöglich sogar noch weiter. So erkranken Menschen, die ihr Leben lang Kaffee getrunken haben, seltener an Gehirnerkrankungen wie Alzheimer und Parkinson. Bereits genutzt wird eine andere Wirkung von Koffein auf das Nervensystem: In Kombipräparaten gegen Kopfschmerzen steigert Koffein den schmerzlindernden Effekt von ASS und Paracetamol um bis zu 70 Prozent.

Eine aktuelle Auswertung von 30 Studien aus aller Welt hat ergeben: Das Risiko für Typ-2-Diabetes verringert sich mit jeder Tasse Kaffee, die man täglich trinkt, um sechs Prozent. Insgesamt kann man sein Risiko so um bis zu 30 Prozent reduzieren. Woran genau das liegt, ist noch nicht völlig geklärt. Kaffee verbessert offenbar die Empfindlichkeit für das Hormon Insulin. Der Körper kann Zucker besser verarbeiten. Bestimmte Stoffe, die der Körper nach dem Genuss ausschüttet, wirken zudem gefäßschützend und entzündungshemmend.

Letzteres gilt auch für das Koffein: Chemisch gesehen gehört es nämlich zur selben Wirkstoffklasse wie das Asthmamittel Theophyllin. Das ist nichts Neues: In Schottland wurden Asthma Patienten schon 1859 mit Koffein behandelt, um ihnen das Atmen zu erleichtern. ,,Koffein scheint bei Patientinnen und Patienten mit Asthma die Lungenfunktion für bis zu vier Stunden mäßig zu verbessern", schreiben die Autorinnen und Autoren eines aktuellen Cochrane Reviews. Als Therapie taugt Kaffee deswegen allerdings noch nicht. Unmittelbar vor einer Lungenfunktionsuntersuchung wird sogar vom Kaffeekonsum abgeraten: Sonst könnten die Ergebnisse verfälscht und die Behandlung nicht richtig angepasst werden.

Nicht nur der Lunge kann Kaffee nutzen, der Leber tut er ebenfalls gut: Eine Reihe von Studien kommt zu dem Ergebnis, dass Kaffeetrinkerinnen und -trinker seltener an Leberkrebs erkranken. Ob Kaffee auch gegen andere Krebsarten schützt, ist noch nicht klar bewiesen. Umgekehrt gilt aber: Kaffee erhöht das Krebsrisiko nicht. Das hat die Internationale Krebsforschungsagentur vor einigen Jahren offiziell bestätigt. Nur zu heiß sollte man ihn - wie jedes Getränk - nicht trinken, um die Schleimhäute zu schonen.

Zahlreichen Studien zufolge senkt Kaffee sogar das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber Moment: Ist das schwarze Gebräu nicht schlecht für den Blutdruck? "Das Koffein im Kaffee erhöht den Blutdruck kurz-, aber nicht langfristig“, erklärt Flögel. Trinkt man ihn regelmäßig, gewöhnt sich der Körper daran. Bevölkerungsweite Studien fanden keinen Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Bluthochdruck. Menschen, deren Blutdruck ohnehin zu hoch ist, sollten aber unbedingt mit Hausarzt oder -ärztin sprechen.

Bei Gesunden sei gegen bis zu vier Tassen.Kaffee nichts einzuwenden, sagt Flögel. Im Gegenteil: Eine große Überblicksstudie er gab, dass das Sterberisiko bei maßvollem Kaffeegenuss am geringsten ist. Sprich: Wer Kaffee trinkt, lebt statistisch gesehen länger. Bis zu sieben Tassen am Tag ist den Forschenden zufolge nicht mit einem erhöhten Risiko, früher zu sterben, verbunden. Das bedeute nicht, dass man unbedingt mit dem Kaffeetrinken anfangen müsse, sagt Flögel. Bei der Lebenserwartung spielen schließlich noch viele andere Faktoren mit. ,,Aber wer gesund ist, gerne Kaffee trinkt und ihn gut verträgt, kann ihn mit gutem Gewissen weiter trinken." Sie selbst trinkt am liebsten Filterkaffee, schwarz. Als berufstätige Mutter von vier Kindern braucht sie ihn, um gut durch den Tag zu kommen.

Koffeinfreier Kaffee hat zum Teil dieselbe positive Wirkung: Er schützt beispielsweise vor  Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und Leberkrebs.

Mit Milch Cappuccino, Latte macchiato, Milchkaffee - im Grunde ist alles dasselbe: Kaffee mit Milch, in unterschiedlichem Mengenverhältnis, mit aufgeschäumter oder herkömmlicher Milch. Milchproteine binden die Chlorogensäure des Kaffees und machen ihn bekömmlicher. Aber Achtung: Viel Milch und Zucker liefern Extrakalorien.

Instantkaffee besteht aus Kaffee-Extrakt, das aus ganzen Kaffeebohnengl gewonnen wird. Man übergießt das Pulver mit heißem Wasser, dabei lösen sich Koffein und andere gesundheits-wirksame Bestandteile heraus.

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